Verfügungsrechte an gebrauchter Software

Czech Republic: Weiterverkauf von Second-Hand-Software an Dritte ohne Einwilligung des Urhebers – ein erlaubtes oder verbotenes Rechtsgeschäft?

Gemäß der EU-Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (2009/24/EG) erschöpft sich das Recht auf Verbreitung von Kopien von Software mit dem ersten Verkauf des Vervielfältigungsstücks durch den Autor bzw. mit seinem Einverständnis in Ländern der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums. Aufbauend auf die Implementation der Richtlinie ins nationale Recht enthält auch das tschechische Urheberrechtsgesetz ähnliche Bestimmungen.

Der Europäische Gerichtshof („EGH“) gelangte in seiner Entscheidung in der Rechtssache C-128/11 UsedSoft GmbH gegen Oracle International Corp. zu dem Schluss, dass der Erstverkauf einer Programmkopie im Sinne der Richtlinie auch dort gegeben ist, wo das Nutzungsrecht an Software gegen Zahlung einer einmaligen Vergütung auf der Grundlage eines geschlossenen Lizenzvertrags mit anschließendem Herunterladen der Software aus dem Internet bzw. der Zugänglichmachung der Software auf einem physischen Träger (wie z.B. einer CD) übertragen wird. Dies gilt auch dann, falls der Lizenzvertrag bestimmen sollte, dass das Nutzungsrecht nicht übertragbar ist, denn nach Auffassung des EGH stellen der Abschluss des Vertrags und die Zugänglichmachung der Software ein unteilbares Ganzes dar. Würde diese Bestimmung nicht weit ausgelegt, so der EGH, so ließe sich die Rechtserschöpfung beim Erstverkauf der Programmkopie ganz einfach durch geschickte Umbenennung des Vertrags (als Lizenzvertrag anstelle als Kaufvertrag) umgehen. Der EGH schloss außerdem, die Übertragung des Eigentumsrechts an Software beziehe sich auf Software in deren aktualisierter, ergänzter und vom Autor zum Übereignungszeitpunkt überarbeiteter Form, weil das Funktionsupdate zum Lieferumfang der ursprünglichen Programmkopie gehöre.

Des Weiteren befand der EGH, eine Paketlizenz für eine bestimmte Zahl von Arbeitsplatzrechnern könne bei der Softwareübertragung nicht aufgebrochen werden, indem ein Teil, der einer bestimmten Anzahl von Nutzern entspricht, abverkauft und der Rest zurückbehalten wird; der ursprüngliche Erwerber der Programmkopie muss seine gesamte Kopie unbrauchbar machen, andernfalls er das ausschließliche Vervielfältigungsrecht verletzt.

Die tschechischen Gerichte haben bisher noch keine Entscheidungen im Bereich der Erschöpfung von Rechten an Software gefällt; es ist aber durchaus denkbar, dass sie sich in künftigen Rechtssachen von der vorstehend beschriebenen EGH-Entscheidung leiten lassen. Die Entwickler und Anbieter von Software sind damit im eigenen Interesse gehalten, die Erschöpfung von Wiederverkaufsrechten an Programmkopien zu vermeiden und die begriffsbestimmenden Kriterien des Softwareverkaufs nach dem Verständnis des Gerichtshofs nicht zu erfüllen, z.B. indem sie Software als Serviceleistung über das Internet anbieten, und zwar gegen eine auf monatlich/jährlich wiederkehrender Basis erhobene Gebühr anstelle einer einmaligen Lizenzgebühr.

Quelle: Urteil des Europäischen Gerichtshofs (Große Kammer) in der Rechtssache C-128/11 UsedSoft GmbH gegen Oracle International Corp. vom 03.07.2012, Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, Richtlinie 2009/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, Urheberrechtsgesetz (Ges. Nr. 121/2000 Slg., idgF)

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