Sicherungsbescheide – wenn die Finanzverwaltung über den Gerichten steht

FAU s.r.o., VHS-ROPA plus s.r.o., AUTOTRANS PETROL s.r.o., oder EUROPRINT a.s. – das sind nur einige der 5.000 Unternehmen, denen per Databox ein sog. Sicherungsbescheid ins Haus flatterte. Dank dieser Namen ist aber das Rechtsinstitut des Sicherungsbescheids endlich ins Zentrum einer kritischen Beobachtung durch die Öffentlichkeit gerückt.

Falls Sie erst im Zusammenhang mit den kürzlich durch die Medien gegangenen Fällen vom sog. Sicherungsbescheid gehört haben, so liegt dies nicht daran, dass die Abgabenordnung erst jetzt um ein neues Beitreibungsinstrument reicher geworden ist, sondern weil der Sicherungsbescheid erst in jüngeren Jahren vermehrt kritische Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Seine Wirkung ist so dramatisch, dass er zur totalen wirtschaftlichen Zerstörung eines Unternehmens führen kann. Worum geht es dabei?

Falls die Finanzbehörden berechtigte Bedenken hegen, dass es künftig unmöglich sein könnte, eine (noch gar nicht fällige, bzw. sogar noch nicht bemessene!) Steuerschuld beizutreiben, können sie eine Entscheidung zur Steuersicherung treffen und in deren Rahmen einen sog. Sicherungsbescheid erlassen. Dies erfordert zunächst, dass das Finanzamt anhand der finanziellen Umstände des fraglichen Subjekts und der Art und Weise seines Unternehmensbetriebs begründete Befürchtungen haben muss, dass eine künftige Steuerzahlung später ganz oder teilweise uneinbringlich wird, oder dass deren Eintreibung mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden wäre, wobei aber ein Sicherungsbescheid nur dort in Betracht kommt, wo der jeweilige Steuerzahler sich im Hinblick auf seinen Unternehmensgegenstand ungewöhnlich und riskant verhält. Leider wird der Sicherungsbescheid praktisch immer von einem Vollstreckungsbescheid begleitet, denn wo Gefahr im Verzug besteht, ist der Sicherungsbescheid ab dem Moment vollstreckbar, in dem er erlassen wird.

Die tschechische Rechtsordnung kennt den Sicherungsbescheid bereits seit Zeiten des Gesetzes Nr. 337/1992 Slg., über die Steuer- und Abgabenverwaltung. Heute sind Sicherungsbescheide in § 103 UStG-cz (Ges. Nr. 235/2004 Slg.) und §§ 167 bis 169 der tschechischen Abgabenordnung (Ges. Nr. 280/2009 Slg.) geregelt.

Im Laufe der letzten vier Jahre sind 5.000 Sicherungsbescheide ergangen, weswegen Artikel in der Fachpresse bereits von einem Steuer-Jihad sprechen. Ein Sicherungsbescheid ermächtigt die Finanzämter nämlich dazu, Konten zu sperren und Vermögenswerte zu konfiszieren, die dann sogar versteigert werden können. Freilich gibt es das Rechtsmittel der Beschwerde zum Berufungsorgan: der Finanzdirektion. Allerdings wurde in 2016 keiner einzigen Beschwerde stattgegeben.

Der Sicherungsbescheid ist ein außergewöhnlich rasantes Zwangsmittel, welches darüber hinaus im freien Ermessen der Steuerbehörden eingesetzt wird. Als solches sollte es, der Auffassung des Obersten Verwaltungsgerichts nach, einer strengen und wirksamen gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Die erfolgt freilich bis dato lediglich im Nachhinein.

Quelle: § 103 UStG-cz (Ges. Nr. 235/2004 Slg.), §§ 167 – 169 AO-cz (Ges. Nr. 280/2009 Slg.), Verlautbarung des Finanzministeriums über Sicherungsbescheide und deren Verwendung durch die Finanzverwaltung

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