Der beste Vorsatz für das neue Jahr: Abschaffung von geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Entlohnung

Männliche Arbeitnehmer in der Europäischen Union verdienen mehr als ihre Kolleginnen in derselben Position. Trotz des jahrzehntelangen Kampfs für die Lohngleichheit bestehen in allen Mitgliedstaaten immer noch wesentliche Unterschiede zwischen den Gehältern von Männern und Frauen. 
Gemäß den offiziellen Statistiken der EU verdienen Frauen in den Mitgliedstaaten durchschnittlich um 16,4% weniger pro Stunde als Männer. Der Lohnunterschied in der Tschechischen Republik, Deutschland und in der Slowakei übersteigt 20% und in Estland erreicht er fast 30%. In Litauen und Ungarn liegt der Unterschied knapp unter dem EU-Durchschnitt. Währenddessen besteht der geringste Unterschied in Slowenien, Polen und Rumänien.

 

Erfreulicherweise wurde der gute Vorsatz für das neue Jahr zumindest von jemandem ernst genommen. Seit dem 1. Januar 2018 sind in Island Arbeitgeber verpflichtet, es nachzuweisen, dass sie für Männer und Frauen das gleiche Gehalt zahlen. Die neue Rechtsvorschrift schreibt es für Angestellte im öffentlichen Dienst und für private Unternehmen mit über 25 Arbeitnehmern vor, ein Zertifikat einzuholen, das bestätigt, dass gleicher Lohn bezahlt wird. Ansonsten besteht die Gefahr eines Bußgelds oder einer Prüfung des Unternehmens. Die neuen Regeln verpflichten Unternehmen mit 25 oder mehr Arbeitnehmern, ihre Lohnstruktur zu analysieren, damit sichergestellt werden kann, dass ihre Lohnstruktur Frauen nicht diskriminiert. Danach haben sie vor zugelassenen Akkreditierungsstellen nachzuweisen, dass alle Voraussetzungen des Gleichbezahlungsprinzips erfüllt sind, oder können Sanktionen (auch Bußgeld) auferlegt werden.

Auch Deutschland hat Schritte unternommen, damit der erhebliche Lohnunterschied von 21% durch ein neues Gesetz zu verringert wird. Ab dem 6. Januar 2018 ist es in Deutschland zulässig, dass Arbeitnehmer herausfinden, wie viel ihre Kollegen verdienen. Dieses Recht besteht in beiden Richtungen, sodass sich auch Männer über den durchschnittlichen Lohn ihrer Kolleginnen informieren können. Dieses Gesetz findet jedoch nur auf Unternehmen mit mehr als 200 Arbeitnehmern Anwendung und nur Unternehmen mit mehr als 500 Arbeitnehmern sind gesetzlich gehalten, ihre Lohnstruktur und Geschlechtergleichstellung operativ zu prüfen. Darüber hinaus ermöglicht das Gesetz nicht, das Gehalt eines bestimmten Kollegen herauszufinden. Erlaubt ist nur, Auskunft über das durchschnittliche Gehalt des anderen Geschlechts zu beantragen, wobei die durchschnittliche Vergütung auf sechs Kollegen des anderen Geschlechts in derselben oder ähnlichen Positionen basieren muss. Die deutsche Gesetzgebung scheint im Vergleich zu Island eine Zwischenlösung darzustellen. Transparenz wird aber dabei helfen, den Lohnunterschied abzuschaffen und gleiche Chancen für Frauen zu gewährleisten.

Island beabsichtigt, den Lohnunterschied bis 2022 vollständig abzuschaffen. Gemäß einigen neuen Berechnungen wird es fast ein Jahrhundert lang dauern bis in den Mitgliedstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) der Lohnunterschied abgeschafft wird. Das Weltwirtschaftsforum gibt eine Schätzung für die weltweite Abschaffung von Lohnunterschieden gar von 170 Jahren.
Die Abschaffung des Lohnunterschieds wird nicht nur Mädchen, Mütter und Frauen glücklicher machen, sondern wird auch die Wirtschaft beleben. Gemäß einer neuen Berechnung kann in den OECD-Ländern das potentielle Wachstum der Frauengehälter aus Abschaffung der Lohnunterschiede 1,66 Trillion Euros erreichen. Natürlich können die Folgen dieser zusätzlichen Ausgaben ein noch größeres Wirtschaftswachstum in den Mitgliedstaaten generieren. Neuen Einschätzungen zufolge könnte die wirtschaftliche Geschlechtergleichheit das Bruttoinlandprodukt von Deutschland um 257 Billionen Euro erhöhen.
Zusammenfassung:
 
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Europäische Union sich seit mehr als 60 Jahren darum bemüht, den Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen abzuschaffen, sind die oben erwähnten Zahlen sehr enttäuschend. Die Abschaffung des Lohnunterschieds zwischen den Geschlechtern setzt sich nur sehr langsam in Bewegung. In einigen Ländern wächst der Unterschied gar wieder.
Die Geschlechtergleichheit ist ein Grundrecht, ein gemeinsamer Wert der EU und eine notwendige Voraussetzung für das Erreichen des EU-Ziels von einem tüchtigen, nachhaltigen und übergreifenden Wachstum. Dieser Artikel begrüßt die neuesten Maßnahmen in Island und Deutschland, soll aber zugleich auch den Blick auf den immer noch existierenden Lohnunterschied zwischen den Geschlechtern lenken.

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