Verhandlungen über die endgültige Form der revolutionären EU-Copyright-Richtlinie

Nach der September-Abstimmung auf dem Boden des Europäischen Parlaments über den Entwurf der kontroversen EU-Copyright-Richtlinie haben jetzt die Verhandlungen über eine Kompromissfassung der meistdiskutierten Bestimmungen begonnen.

Der Entwurf der neuen EU-Copyright-Richtlinie reagiert auf die Entwicklung des digitalen Sharing von urheberrechtlich geschützten Inhalten. Die Abstimmung im Europaparlament im September hat gezeigt, dass europaweit Einigkeit herrscht, was den Bedarf an einer solchen Richtlinie anbelangt; die laufenden Gespräche betreffen insofern lediglich den finalen Wortlaut.

Der Richtlinienentwurf hat vor allem wegen seiner Artikel 11 und 13 auf sich aufmerksam gemacht. Artikel 11 wird zuweilen (und ungenau) als „Linksteuer“ bezeichnet. Der Grundgedanke besteht darin, bestimmte Rechte von Autoren auch an die Herausgeber von Printmedien zu gewähren, die dann die Vervielfältigung in Form der Publikation des herausgegebenen Werks und seiner Weitergabe an die Öffentlichkeit vermittels Kommunikationstechnologie zulassen oder verbieten können. Damit sollen Herausgeber ohne Weiteres in die Lage versetzt werden, mit den Dienstleistern der Informationsgesellschaft (z.B. Google, Seznam, Facebook) sowie insbesondere Nachrichtenaggregatoren in Verhandlungen über das Entgelt für die Veröffentlichung publizierter Werke im Internet zu treten. Bisher können sie dies erst nach vertraglicher Übertragung der beim Autor liegenden Rechte tun. Artikel 11 wird kritisiert, weil letzten Endes sowohl die Urheber von Werken als auch die Herausgeber die genannten Rechte haben sollen, wobei nicht klar ist, welche Regeln für das Verhältnis zwischen diesen beiden Rechtsträgern gelten sollen. Die vom Europaparlament in erster Lesung verabschiedete angepasste Fassung räumt die gleichen Rechte außerdem den Veranstaltern von Sportereignissen ein.

Für diejenigen Dienstleister der Informationsgesellschaft, die eine große Menge urheberrechtlich geschützter, usergenerierter Inhalte einstellen (also typischerweise z.B. Youtube, Vimeo, Stream, Uloz.to), sieht Artikel 13 die Pflicht vor, den seitens der User hochgeladenen Inhalt zu überwachen und einer Verletzung von Urheberrechten vorzubeugen. Dem Entwurf zufolge sollen dabei Software-Tools zum Einsatz kommen, die urheberrechtlich geschützte Werke erkennen und es ermöglichen, auf deren Einstellung ins Netz zu reagieren. Ein ähnliches System funktioniert bereits heute z.B. im Rahmen des als Content ID bekannten Youtube-Service. Die vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen Änderungen fügen dem Art. 13 eine Bestimmung des Inhalts hinzu, dass ein solches Hochladen von Werken durch User einer öffentlichen Weitergabe des urheberrechtlich geschützten Werks gleichkommt.

Kritiker dieser Bestimmung weisen darauf hin, dass vergleichbare Systeme zur Identifizierung von Originalwerken nicht in der Lage sein werden, unter den zu filternden urheberrechtlich geschützten Werken die legitime Nutzung aufgrund gesetzlicher Lizenzen zu erkennen. In der Praxis könnte dies dazu führen, dass eine rechtmäßige Nutzung von Werken z.B. in Form von Karikaturen und Parodien oder im Rahmen der Berichterstattung nicht mehr an die Öffentlichkeit gelangt.

Ein derartiges System zur Kontrolle von von Usern hochgeladenen Inhalten bedeutet außerdem erhebliche finanzielle Aufwendungen, und damit eine Markteintrittsbarriere für den Markt der Erbringung von Dienstleistungen der Informationsgesellschaft – und dies obwohl das Feld heute ohnehin zum größten Teil von einer kleinen Zahl mächtiger Player beherrscht wird.

Artikel 13 bedeutet einen teilweisen Bruch mit der bisher angewandten Doktrin des sog. „sicheren Hafens“ im Sinne von Art. 14 der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr. Dieser Bestimmung zufolge sind die Dienstleister der Informationsgesellschaft bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eben nicht für die von ihren Usern eingestellten Informationen verantwortlich. Die Verabschiedung der Richtlinie wird deshalb (je nach der konkret verabschiedeten Fassung) einen mehr oder weniger grundsätzlichen Schritt für die Regulierung des digitalen Raums bedeuten.

Quelle: Vorbereitende Grundlage für die Dreiersitzungen zum Entwurf einer Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt vom 26.9.2018 (ST 12513 2018 INIT)

 

Newsletter abonnieren

Wenn Sie den Newsletter abonnieren, stimmen Sie zugleich unseren Datenschutzbedingungen zu.