Ein Geschäftsanteil auf Reisen

SLOWAKEI: Sind Sie sich sicher noch Gesellschafter zu sein?

Erfolg und Misserfolg liegen oftmals nahe beieinander. Unternehmen die heute noch Expansionspläne entwerfen, können morgen schon in wirtschaftliche Schieflage geraten. Für insolvente ausländische Unternehmen mit slowakischer Tochter bietet das slowakische Gesellschaftsrecht hierbei für manchen eine Überraschung. Nach dem Grundsatz in § 148 Abs. 2 HGB erwirbt die slowakische Tochter mit der Insolvenz des Gesellschafters qua Gesetzes dessen Geschäftsanteile. Damit verliert die insolvente Gesellschaft alle Gesellschafterrechte und es verbleibt ein finanzieller Ausgleichsanspruch. Diese Regelung wurde eingeführt um eine Beschleunigung von Insolvenzverfahren durchzusetzen, so dass der Insolvenzverwalter sich nicht auch noch um die Ausübung etwaiger Gesellschafterrechte kümmern muss, sondern einen konkreten Geldanspruch in die Masse einbringen kann. Diese Regelung gilt nicht für Gesellschaften mit nur einem Gesellschafter um eine de facto gesellschafterlose Gesellschaft zu verhindern.

Problematisch wird diese Regelung nun aber – es ist wohl davon auszugehen, dass diese Konsequenz bei der Gesetzgebung nicht bedacht wurde – wenn die Gesellschafter einer Gruppe zugehörig sind und gleichzeitig die Insolvenz über diese Gesellschafter eröffnet wird. In diesem Fall ist es fraglich, ob die oben genannte Ausnahme greift, da die Gesellschaft eben gleichzeitig beide Gesellschafter „verliert“. Unproblematisch wäre umgekehrt der Fall, wenn zunächst der eine und dann der andere Gesellschafter insolvent wird, da der zweite Gesellschafter in diesem Fall schon Alleingesellschafter wäre und konsequenterweise die Ausnahme greifen müsste.

Die richtige Sprengkraft entwickelt § 148 Abs. 2 HGB allerdings erst in einem internationalen Kontext. So geschehen in dem Fall, als der deutsche Insolvenzverwalter zweier gruppenzugehörigen Gesellschafter die nicht insolvente slowakische Tochter im Rahmen einer Großtransaktion per share deal an einen Investor verkaufen wollte. Die Anteilskaufverträge sind unserer Auffassung nach nichtig, da die Gesellschafter eben mit Eintritt in die Insolvenz ihre primären Gesellschafterrechte verlieren. Zwar könnte juristisch argumentiert werden, dass diese Regelung eigentlich eine Insolvenzvorschrift ist und nur als Redaktionsversehen in das HGB aufgenommen wurde, womit diese aufgrund der EU-Insolvenzverordnung nicht anwendbar wäre. Diese Argumentation erscheint allerdings fraglich, da § 148 HGB bereits mehrere Male angepasst und überarbeitet wurde, so dass ein Redaktionsversehen eher auszuschließen ist. Überdies müsste das zuständige Registergericht bei Eintragung des Gesellschafterwechsels hiervon überzeugt werden, wobei die Registergerichte traditionell sehr zurückhaltend sind bei Argumentationen wider dem Gesetzeswortlaut.

Dieses Problem ließe sich am besten lösen, wenn bereits im Vorfeld der Insolvenzanmeldung Rücksprache mit einem slowakischen Anwalt gehalten würde. Hinsichtlich dieses Problems erscheint es unter dem slowakischen Recht vorteilhaft, wenn das deutsche Insolvenzgericht die Insolvenzen nicht zeitgleich eröffnet sondern nacheinander, da in diesem Fall die o.g. Ausnahmevorschrift greift. Freilich kann es aufgrund des ausländischen Rechtes erforderlich sein, die Insolvenz gleichzeitig zu eröffnen. Eine elegante Lösung für dieses Problem nach Vertragsschluss gibt es u.E. nicht, so dass der Anteilskaufvertrag neuzuschließen ist, wobei dieses Mal auf Verkäuferseite die Gesellschaft selbst, vertreten durch die Geschäftsführung, handeln muss.

Sollte übrigens die Insolvenz wieder aufgehoben werden, weil die Zahlungsschwierigkeiten beseitigt wurden, fällt der Geschäftsanteil wieder dem Gesellschafter zu.

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