Ein- und Ausreiseregeln für Pendler während der Corona-Pandemie in Tschechien

Das Hauptmotto der Tschechischen Republik während ihrer EU-Ratspräsidentschaft Anfang 2009 lautete „Evropa bez bariér“ (in etwa: „barrierefreies Europa“). Diese Zeiten sind lange vorbei. Die Coronakrise hat dazu geführt, dass die jahrzehntelange Erfahrung der tschechischen Spezialisten im Innen- und Außenministerium, wie am besten die Staatsgrenze geschlossen werden kann, erfolgreich reaktiviert werden konnte.

Diesmal freilich aus einem rechtlich zulässigen Grund, nämlich um die Ausbreitung des Corona-Virus zu verhindern. Zwei Entscheidungen der Tschechischen Regierung vom 12. März 2020 (Nr. 198) und vom 13. März 2020 (Nr. 203) hatten die Einreise von Ausländern in die Tschechische Republik praktisch verboten – bis auf Ausländer mit einer Aufenthaltsgenehmigung in der Tschechischen Republik und andere eng umgrenzte Ausnahmefälle -, während die Ausreise für Ausländer ohne eine Aufenthaltsgenehmigung in der Tschechischen Republik, d.h. von Touristen, weiterhin unbegrenzt möglich war.

Gleichzeitig wurde die Ausreise von tschechischen Staatsbürgern und Ausländern mit einer Aufenthaltsgenehmigung in der Tschechischen Republik verboten. Aber das Verbot der Ausreise von solchen Ausländern konnte weder praktisch, noch rechtlich aufrechterhalten werden. Schon zum 26. März 2020 wurden die Ausnahmen der Ein- und Ausreiseregeln vom Innenminister zusammengestellt – heraus kam ein sehr langer und komplizierter Katalog von Ausnahmen und Unterausnahmen.

Auch die Regeln für grenzüberschreitende Arbeitnehmer – tschechisch „přeshraniční pracovníky“ oder „pendleři“ genannt – wurden neu gefasst. Einfach gesagt: Pendler durften für 21 Tage die Tschechische Republik verlassen, um danach bei einer Einreise in eine 14-tägige Quarantäne zu gehen. Davon gab es keine Ausnahmen, z.B. zur Abkürzung die Vorlage eines aktuellen negativen Tests, nicht an Corona-COVID 2019 infiziert zu sein. Aber es gab eine ganze Liste von Ausnahmen für gewisse Branchen – Arbeiter im Krankenhausbereich, in sozialen Dienstleistungen und im integrierten Sicherheitssystem – zu dem kommt ab 14. April 2020 der Bereich der kritischen Infrastruktur hinzu. Außerdem gab es an den Grenzen zu Polen, der Slowakei, zu Deutschland (der längsten Grenze der Tschechischen Republik) und zu Österreich teilweise unterschiedliche Regelungen.

Mit Wirksamkeit ab dem 14. April 2020 – gültig bis auf Weiteres, d.h. abhängig von der Verlängerung des Ausnahmezustandes, der jetzt bis zum 30. April 2020 andauert, und bevor überhaupt der erste Zyklus für die Pendler abgelaufen ist, – ist es zu einer Vereinheitlichung für alle angrenzenden Staaten durch die Entscheidung Nr. 387 vom 6. April 2020 gekommen.

Für Pendler gilt jetzt das Prinzip zwei Wochen im Ausland – zwei Wochen (in der Tschechischen Republik) in Quarantäne, offenbar nach wie vor ohne eine Ausnahme, d.h. eine Abkürzung der Quarantäne durch die Vorlage eines aktuellen negativen Testergebnisses. Ausgenommen davon sind Arbeitnehmer im Gesundheitswesen, im sozialen Bereich, dem integrierten Schutzsystem, und jetzt auch in der kritischen Infrastruktur.

Dazu informieren u.a. die Deutsche und Österreichische Botschaft sowie die Deutsch-Tschechische Industrie- und Handelskammern in Prag auf ihren Webseiten ausführlich, aber die Regeln sind komplex und verwirrend. Auf diesen Webseiten sind auch deutsch- und tschechischsprachige Formulare zu finden, die von Pendlern bei der Ein- und Ausreise mitgeführt werden müssen. Denn gemeint ist die Verordnung – das legt die Zusammenfassung des Innenministeriums nahe – so, dass ab dem 14. April 2020 nur ausgewählte Kategorien von Personen die Grenzen in Intervallen überschreiten dürfen, die kürzer als 14 Tage sind, und zwar die oben genannten Personen, die bei der Überschreitung der Grenzen außer einer Bestätigung als Pendler im Gesundheitswesen etc. auch eine Verbalnote der Vertretung des Landes, wo sie zum Arbeiten hinfahren, d.h. der Österreichischen Botschaft in Prag, wenn sie nach Österreich fahren, der der Slowakischen oder Deutschen Botschaft in Prag, wenn sie in die Slowakei oder nach Deutschland fahren usw., vorlegen müssen. Dies ist so sicher nicht mit den Leitlinien der EU-Kommission für die Behandlung von Grenzpendlern vom März 2020 vereinbar, deren Leben so einfach wie möglich zu gestalten.

Für alle anderen Grenzpendler gelten nach der Meinung des Innenministeriums weiterhin die zwei Wochen im Ausland – zwei Wochen im Inland in der Quarantäne, auch wenn sich das nicht eindeutig aus der Entscheidung Nr. 387 ergibt.

Ebenfalls sind gemäß dieser Entscheidung Tagesreisen von Geschäftsleuten, Familienangehörigen, Beamten etc. aus der Tschechischen Republik ins Ausland und am gleichen Tag zurück möglich, aber nur in Ausnahmefällen.

Zu beachten ist, dass alle Einreisen aus dem Ausland in die Tschechische Republik vorab durch ein Formblatt, das im Internet ausgefüllt wird, an die jeweilige Vertretung der Tschechischen Republik angezeigt werden müssen (cf. Link unten). Eine Anzeige der Einreise ist danach bei der zuständigen Gesundheitsbehörde oder der Bezirkshygienestation erforderlich. Für deutsche Transitreisende z.B. aus Drittländern, z.B. die Slowakei, nach Deutschland sind wiederum besondere Prozeduren notwendig, bei der Deutschen Botschaft. Andere EU-Bürger müssen das jeweils über ihre Botschaften klären.

Vom barrierefreien Reisen innerhalb der EU ist derzeit wenig bis nichts übriggeblieben – allerdings nicht nur an tschechischen, sondern auch deutschen, polnischen, slowakischen, ungarischen, d.h. praktisch allen internen EU-Grenzen in MOE. Solange die Gefahr durch den COVID-19 Virus latent ist, wird dies auch so bleiben, obwohl die EU-Kommission schon Anfang März 2020 klargemacht hat, dass sie pauschale Grenzschließungen als unzweck- und unverhältnismäßige Maßnahmen ansieht, die der Schengen-Kodex zwar vorsieht, die aber in der Situation, dass das Virus bereits vor und hinter der Grenze grassiert, nicht geeignet sind, dessen Verbreitung zu verhindern. Von Vertragsverletzungsverfahren will die EU-Kommission aber vorerst absehen.

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