Ein- und Ausreisebeschränkungen nach dem Ende des Notstandes am 18. Mai 2020 und ab dem 15. Juni 2020

Wer dachte, dass sich der Reiseverkehr von und in die Tschechische Republik nach dem Ende des Notstands am 18. Mai 2020 normalisieren würde, hat sich getäuscht. Allerdings sind ab dem 5. Juni 2020 die Beschränkungen zu den meisten EU-Ländern aufgehoben. Polen wird seine Grenzen erst ab 13. Juni 2020 öffnen.

Aktualisierung zum 10. Juni 2020:

Ab dem 15. Juni 2020 sind durch eine neue Verordnung des Gesundheitsministeriums vom 2. Juni 2020 alle tschechischen Staatsbürger, EU-Bürger und Drittstaatsangehörige vom Einreiseverbot ausgenommen, die in einem der grün bezeichneten EU-Länder (sowie Andorra, Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz – als weitere Schengen-Länder) wohnen (siehe auch die immer sehr aktuell gehaltene Webseite der Deutschen Botschaft in Prag: https://prag.diplo.de/cz-de/aktuelles). Die Einwohner der orange (derzeit neun EU-Länder: Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Italien, Niederlande, Malta, Portugal und Spanien) und rot bezeichneten Länder (derzeit nur Schweden und das Vereinigte Königreich – eine Grafik auf der Webseite des tschechischen Innen- und Gesundheitsministeriums:

https://www.mvcr.cz/docDetail.aspx?docid=22239079&doctype=ART&#Cestovani

und

https://koronavirus.mzcr.cz/seznam-evropskych-zemi-podle-miry-rizika-nakazy/)

sind aber davon ausgenommen, die Bewohner dieser Länder müssen noch Tests vorlegen und unterliegen weiteren Beschränkungen. Besucher aus anderen europäischen Ländern sowie außereuropäischen Ländern können, bis auf eng begrenzte Ausnahmen, nach wie vor nicht in die Tschechische Republik einreisen. Die Einteilung der Länder kann sich aber in der Zukunft je nach der epidemiologischen Situation ändern, die aktuelle Liste ist im Internet hier (https://koronavirus.mzcr.cz/seznam-evropskych-zemi-podle-miry-rizika-nakazy/) verfügbar. Diese Maßnahmen entsprechen jetzt dem, was die EU-Kommission den EU-Ländern geraten hat, und diese Maßnahmen sind jetzt im Großen und Ganzen auch verhältnismäßig.

Die Grenzkontrollen bleiben gemäß den Möglichkeiten, die der Schengen-Kodex eröffnet, bis zum 15. Juni 2020, an den Grenzen zur Slowakei, Österreich, Deutschland sind sie ab dem 5. Juni 2020 schon ausgesetzt. Die Grenze zu Polen wird von polnischer Seite erst ab 13. Juni 2020 geöffnet (Informationen beim Polnischen Grenzschutz hier: (nicht vorhandener Link) – nur auf Polnisch). Der Flug-, Zug- und Busverkehr ist faktisch noch unterbrochen, wird aber ab dem 15. Juni 2020 wieder ganz aufgenommen (mit der Ausnahme nach Polen). Touristen aus EU- und Schengen-Ländern können wieder einreisen, aber Touristen aus nicht EU- und Schengen-Ländern haben auch ab dem 15. Juni 2020 ein absolutes Einreiseverbot in die Tschechische Republik. Dabei ergeben sich rechtliche Fragen, auch bezüglich der Rolle des Gesundheitsministeriums.

Stand: 25. Mai 2020

Die Abriegelung der Tschechischen Republik war im europäischen Maßstab seit Mitte März 2020 sehr scharf: die Grenzen wurden komplett geschlossen, es gab praktisch keinen öffentlichen Personenverkehr, weder mit Flugzeug, Zug oder Bus. Ab Mitte März 2020 war sogar die Ausreise von tschechischen Staatsbürgern und EU- und Drittstaatsbürgern mit einer Aufenthaltsgenehmigung verboten, das wurde aber sukzessive aufgehoben. Von der Einreise in die Tschechische Republik waren Touristen ganz ausgeschlossen, tschechische Staatsbürger und EU- und Drittstaatsbürger mussten bis auf einige Ausnahmen einen nicht mehr als vier (4) Tage alten PCR-Test vorlegen und mussten die Einreise vorab elektronisch anzeigen. Dabei blieb es bis zum 5. Juni 2020 im Prinzip, der Test sollte auf einem englisch/tschechischsprachigen Formular vorgelegt werden, das Testergebnis durfte nicht älter als 4 (vier) Tage alt sein, ansonsten galten Bewegungsbeschränkungen oder ein 14-tägige Quarantäne.

Die eigentlichen Beschränkungen der Ein- und Ausreise, die der Krisenstab der Regierung aufgrund des Sicherheits- und des Krisengesetzes der Tschechischen Republik ab Mitte März 2020 in Kraft gesetzt hatte, blieben b 5. Juni 2020 quasi unverändert in Kraft, wie sie seit Anfang April 2020 galten. Weiterhin galt, dass nur Einreisen zu Gericht, Verhandlungen bei staatlichen Organen, Verhandlungen beim Notar (fraglich) u.a. bis 24 h ohne Test möglich sind. Reisen zu Geschäftsverhandlungen bis zu 72 h waren nur bei Vorlage eines negativen Tests möglich (siehe unseren vorherigen Artikel „Schon wieder neue tschechische Ein- und Ausreiseregeln während des Notstandes„).

Bis 15. Juni 2020 gelten sie aufgrund von als „Schutzmaßnahme“ bezeichneten Verordnungen des Gesundheitsministeriums vom 15. Mai 2020, 25. Mai 2020 und 2. Juni 2020, die aufgrund von §§ 68 und 80 des Gesetzes über den Schutz der öffentlichen Gesundheit (Gesetz Nr. 258/2000 Slg.) vom Gesundheitsminister erlassen worden ist. Nach dem Ende des Notstandsregimes werfen diese „Schutzmaßnahme“ jedoch Fragen auf, denn das Stadtgericht in Prag hatte erst am 23. April 2020 in einem sehr gut begründetem Urteil (AZ: 14 A 41/2020) sechs (6) Entscheidungen des Gesundheitsministerium von März und April 2020 über die Beschränkungen des Kleinhandels, der Erbringung von Dienstleistungen, des Bewegungsverbots auf dem Territorium der Tschechischen Republik die Verfassungsmäßigkeit abgesprochen und diese zum 27. April 2020 aufgehoben (die Entscheidungen wurden vom Krisenstab dann gleich in Kraft gesetzt). Das Stadtgericht in Prag kam in diesem abstrakten Normenkontrollverfahren zum Einen zum Ergebnis, dass es für dieses Verfahren zuständig sei, obwohl auch andere Gerichte mit den gleichen Verfahren beschäftigt seien, u.a. das Verfassungsgericht und das Oberste Verwaltungsgericht der Tschechischen Republik, und dass zum Anderen auch die Befugnis des Gesundheitsministeriums, solche Maßnahmen zu ergreifen, gar nicht gegeben sei. Denn nach dem Sicherheitsgesetz ČR und dem Krisengesetz ČR (Gesetz Nr. 110/1998 und Gesetz Nr. 240/2000 Slg.) sei nur die Regierung insgesamt, nicht aber ein einzelnes Ministerium zum Erlass der Maßnahmen befugt. Grund dafür seien das Prinzip der Gewaltenteilung, das während des Notstandes zwar beschränkt, aber nicht ausgesetzt sei, und die Gefahr, dass die Grundlagen des demokratischen Rechtsstaates ausgehöhlt würden, wenn nicht nur die Regierung, sondern auch einzelne Ministerien gesetzgeberisch tätig seien. Dies wird eingehend und schulmäßig ausgeführt und begründet. Das Stadtgericht weist auch darauf hin, dass entgegen Art. 15 der Europäischen Menschenrechtskonvention die Einschränkungen der Grundrechte durch die Notstandsmaßnahmen aber nie dem Europarat angezeigt worden sind.

Die neuen Beschränkungen der Ein- und Ausreise enthielten als „Schutzmaßnahmen“ praktisch wortgleich die bisherigen Regelungen, erlassen jetzt vom Gesundheitsministerium. Dabei handelte es sich weniger um eine „Schutzmaßnahme“ als um eine abstrakte Verordnung, d.h. seitens des Gesundheitsministerium handelt es sich um Etikettenschwindel. Denn wenn die Befugnis des Gesundheitsministeriums während des Notstands nicht vorlag, dann ist dessen Befugnis nach Ablauf des Notstands noch fraglicher. Das Gesundheitsministerium begründet zwar auf vier Seiten seine „Schutzmaßnahme“, dabei trieft diese Begründung eher von Eigenlob und stellt einige absurde Thesen auf (ohne die Maßnahmen der tschechischen Regierung hätten sich „Millionen“ von Personen in der Tschechischen Republik infiziert, d.h. mindestens 20 % der Bevölkerung!!!), als dass die Frage, ob § 68 Abs. 1 und § 80 überhaupt solch weitgehenden Schutzmaßnahmen des Ministeriums, das erst am 23. April 2020 eine herbe Niederlage vor Gericht eingesteckt hatte, decken würde, beantwortet wird; weder die Verhältnismäßigkeit der Einschränkungen der Ein- und Ausreise werden begründet, noch wird die Frage der Notwendigkeit der Befristung dieser Maßnahme beantwortet.

Festzustellen ist: die Grenzkontrollen wurden nach dem Schengen-Kodex um einen weiteren Monat bis 15. Juni 2020 verlängert, die Ein- und Ausreisebeschränkungen galten bis zum 5. Juni 2020 weiter. Neben dem negativen Corona-Test war auch eine Quarantäne der Einreisenden oder eine Bewegungsbeschränkung vorgesehen, denn der Test, so das Gesundheitsministerium, sei nicht zuverlässig. Insbesondere für Touristen oder Personen, die zwar nicht unter die Ausnahmen der Ein- und Ausreisebeschränkungen fielen, d.h. die keinen „triftigen Grund“ für eine Einreise hatten, die aber einen negativen Test vorlegen konnten, scheint das absolute Einreiseverbot nicht verhältnismäßig, auch aus dem Grunde, dass die Infektionsgefahr jenseits der Grenze nicht größer ist als in der Tschechischen Republik und sich europaweit angeglichen hat. Dazu kommt, dass das tschechische Hotel- und Gaststättengewerbe bis auf Weiteres auf ausländische Touristen aus nicht EU- oder Nicht-Schengen-Länder verzichten und deswegen mit erheblichem Umsatzausfall und Schäden in den nächsten Monaten rechnen muss, die ihm der tschechische Staat nicht zu ersetzen beabsichtigt.

Quelle:
Verordnungen („Schutzmaßnahme“) des Gesundheitsministeriums vom 15. Und 26. Mai 2020 – gültig bis 15. Juni 2020
Verordnung („Schutzmaßnahme“) des Gesundheitsministeriums vom 2. Juni 2020 – gültig ab 15. Juni 2020, d.h. Nacht vom Sonntag auf Montag
Sicherheitsgesetz ČR (Gesetz Nr. 110/1998 Slg.)
Krisengesetz ČR (Gesetz Nr. 240/2000 Slg.)

 

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