Vermietern wird ein weiterer Knüppel zwischen die Beine geworfen. Was hat der Tschechische Oberste Gerichtshof gegen die freie Parteienvereinbarung?

Laut tschechischem OGH soll es nicht möglich sein, die Vollstreckung im Wege der Zwangsräumung einer Immobilie auf der Grundlage eines notariellen Protokolls anzuordnen. Dies trägt in keiner Weise zur Rechtssicherheit der Parteien oder zur reibungslosen Funktion des Immobilienmarkts bei.

Vermieter kennen die Sorgen mit säumigen Zahlern unter ihren Mietern nur allzu gut. Deshalb sind sie darum bemüht, ihre Interessen mit einer Vielfalt von Verträgen und Vereinbarungen zu schützen, zu denen auch notarielle Protokolle gehören, in denen eine Klausel enthalten ist, in der der Schuldner der direkten Vollstreckbarkeit des notariellen Protokolls zustimmt.

Ein solches notarielles Protokoll mit Vollstreckungsklausel stellt einen sog. vertraglichen Vollstreckungstitel dar, der einem vollstreckbaren Gerichtsurteil ebenbürtig ist und dazu verwendet werden kann, die Vollstreckung anzuordnen und zu vollziehen.

Damit vermeidet der Gläubiger, zu dessen Gunsten das notarielle Protokoll mit schuldnerischer Einwilligung in die direkte Vollstreckbarkeit aufgesetzt wurde, die Notwendigkeit, den (oft langwierigen und teuren) Pfad eines Gerichtsverfahrens einzuschlagen. Anstelle dessen kann er direkt zur Vollstreckung übergeben und von der anderen Partei die Erfüllung der Schuld betreiben, die mit dem notariellen Protokoll besichert ist.

Dies hat direkt vollstreckbare notarielle Protokolle zu einem beliebten Instrument unter Gläubigern gemacht, mit dem sich die Beitreibung von Erfüllungsleistungen seitens säumiger Schuldner beschleunigen und insbesondere die Beitreibungskosten gering halten lassen.

Mittlerweile ist es gängige Praxis geworden, solche notariellen Protokolle auch in Fällen aufzusetzen, in denen der Schuldner als der Nutznießer (im Regelfall: Mieter) der Immobilie im Eigentum des Gläubigers in die Vollstreckbarkeit im Wege der Räumung der betreffenden Immobilie einwilligt. Falls der Schuldner seiner Pflicht zur fristgerechten Zahlung der geschuldeten Beträge (insbesondere Mietzins) an den Gläubiger nicht nachkommt und sein Nutzungsrecht an der Immobilie deshalb erlischt (z.B. weil der Vermieter das Mietverhältnis kündigt), darf der Vermieter zur Räumung der Immobilie schreiten. Dasselbe gilt z.B. falls der Schuldner die Immobilie nicht räumt, nachdem sein Nutzungsrecht (wg. Ablauf der Mietdauer oder Kündigung) erloschen ist.

Der Oberste Gerichtshof hat nun aber an dieser Praxis Anstoß genommen. In einer Entscheidung vom Mai des Jahres, die die frühere Rechtsprechung zitiert, erklärt der OGH, die Vollstreckung eines notariellen Protokolls mit schuldnerischer Einwilligung in die direkte Vollstreckbarkeit dürfe nur dann angeordnet werden, um schuldrechtliche Pflichten (also im Regelfall vertragliche Pflichten) zu erwirken, nicht aber Pflichten, die sich aus anderen Rechtsbeziehungen ergeben. Laut Oberstem Gerichtshof kann die Pflicht zur Räumung einer Immobilie, die der Schuldner ohne ordentlichen Rechtstitel genutzt hat, niemals als schuldrechtliche Pflicht gelten, sondern immer nur als zum Schutz des Eigentumsrechts des Immobilieneigners gedachte Pflicht. Dies soll auch dann gelten, wenn der Schuldner selbst vertraglich in die Räumung eingewilligt hat.

Der Oberste Gerichtshof geht so weit zu sagen, dass Vertragsparteien niemals freiwillig in die Räumungspflicht einwilligen bzw. diese vertraglich bestätigen können; damit können sie sich auch nicht auf die direkte Vollstreckbarkeit dieser Pflicht (in Form eines notariellen Protokolls) für den Fall einigen, dass der Schuldner pflichtbrüchig ist. Wir halten den formalistischen Ansatz des Obersten Gerichtshofs für falsch, weil er unseres Erachtens dem Prinzip der Vertragsfreiheit widerspricht und im Übrigen nichts zur Rechtssicherheit der Vertragsparteien oder zur reibungslosen Funktion des Immobilienmarkts beiträgt. Der Oberste Gerichtshof hat es gerade sehr viel schwerer für Immobilieneigner gemacht, eine rasche Räumung zu erzielen. Solange der Schuldner die Immobilie nicht freiwillig räumt, wird der Eigentümer ein aufwändiges Erkenntnisverfahren anstrengen müssen, was die große Anzahl anhängiger Verfahren nur weiter unnötig erhöht. Wir glauben, die Situation erfordert ein Urteil, mit dem diese Position revidiert wird, oder aber eine entsprechende Gesetzesänderung.

Eigentümer gewerblicher Immobilien haben zumindest die Möglichkeit, den Schuldner im Vertrag dazu zu verpflichten, den Eigentümer (im Wege einer beschränkt widerrufbaren Vollmacht) zum Betreten der Immobilie zu bevollmächtigen, falls der Schuldner sich weigern sollte, diese nach Erlöschen des Nutzungsrechts zu räumen, um die Zwangsräumung in Selbsthilfe zu betreiben. Dabei besteht aber immer das Risiko, dass eine solche eigenmächtige Räumung durch den Vermieter durch die Gerichte als sittenwidrig gewertet wird. Für Wohnraum ist die Möglichkeit der Vereinbarung einer solchen Klausel gar nicht erst gegeben.

Quelle:
Beschluss des Obersten Gerichtshofs AZ 26 Cdo 2085/2019 vom 26.5.2020

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