„Schaden ohne Verschulden“: Litauen stärkt Patientenrechte Teil 2

Neues litauisches Schadensersatzmodell – Schmerzensgeld und Änderungen für Mediziner und medizinische Einrichtungen.

Wie bereits in Teil 1 zu diesem Artikel erwähnt, trat in Litauen am 1. Januar 2020 ein neues Gesetz über Patientenrechte und den Ersatz von Schäden an der Gesundheit in Kraft.

Auf das nun wesentlich einfachere Verfahren und die größeren Erfolgsaussichten sind wir bereits in Teil 1 eingegangen.

Doch wie stehen die Chancen auf Schmerzensgeld und welche Änderungen sieht das Gesetz für Mediziner und Gesundheitseinrichtungen vor?

1. Welches Schmerzensgeld kann ich als Patient für welche Schäden erwarten?

Schmerzensgeld wird nunmehr gemäß eines Punktesystems zugesprochen. Dies hat den Vorteil, dass der Patient seine Erwartungen hinsichtlich der Höhe bereits im Voraus abschätzen kann. Somit ist die Höhe der Schmerzensgeldansprüche nicht mehr dem freien Ermessen der beurteilenden Person überlassen.
Die Regierung der Republik Litauen hat in einem ihrer Beschlüsse eine Tabelle mit der Beschreibung der Schäden und dem Umfang der zuzuordnenden Punkte verabschiedet. Jeder Punkt entspricht einem Schmerzensgeld von EUR 100.
So können Patienten für die nicht wiederherstellbare oder die dauerhaft gestörte Funktion eines Organs, eines Systems oder eines Körperteils je nach Wichtigkeit für die Lebensfunktionen und das tägliche Leben ein Schmerzensgeld von 100 bis 6500 EUR erwarten. Kann die Funktion wiederhergestellt werden, beträgt das Schmerzensgeld zwischen 100 und 1500 EUR.
Für die negative Beeinflussung des sozialen Lebens des Patienten (z.B. die Möglichkeit, die frühere Tätigkeit auszuführen oder sich um die Familie zu kümmern) können 100 bis 2000 EUR gewährt werden.
Für Schmerzen von drei oder mehr Monaten unter Behandlung mit Medikamenten (ohne Narkotika) werden 500 EUR zugesprochen.

2. Was ändert sich für Gesundheitseinrichtungen / Mediziner?

Eine Erleichterung für Gesundheitseinrichtungen / Mediziner besteht darin, dass sie in Zukunft keine eigenständige zivile Haftpflichtversicherung mehr abschließen müssen.
Vielmehr erfolgt die Absicherung nunmehr über Einzahlungen auf das Konto der staatlichen Krankenkasse. Aus diesen Geldern werden dann auch die Patientenansprüche befriedigt.
Folgende Beiträge fallen an:
• kleinere Gesundheitseinrichtungen (Allgemeinärzte, Pflegeeinrichtungen, palliative Einrichtungen) – 0,1 % vom Umsatz des Vorjahres;
• andere Gesundheitseinrichtungen – 0,2 % vom Umsatz des Vorjahres

3. Warum führt das Gesetz auch mildere Haftungsfolgen für Mediziner ein?

Zur Vermeidung des Verschleierns von Fehlern sieht das Gesetz nunmehr mildere Haftungsfolgen vor.
Vor Inkrafttreten der Änderungen drohte bereits bei einem groben Fehler oder einem wiederholten einfachen Fehler der Entzug der Lizenz. Nach der Änderung müssen hierfür zwei grobe Fehler vorliegen.
In anderen Fällen, z.B. einem groben Fehler oder zwei einfachen Fehler im Jahr soll die Lizenz mit möglichen Auflagen zur Verbesserung der Qualifikationen des Mediziners lediglich unterbrochen werden.

4. Was wird getan, um die Fehlerrate zu verringern?

Um wiederholte Fehler zu vermeiden, wird ein präventives System eingeführt. So nimmt eine Kommission ihre Tätigkeit auf, welche die Aufgabe besitzt, Gesundheitseinrichtungen Empfehlungen für die Vermeidung von Fehlern auszusprechen sowie dem Gesundheitsministerium Vorschläge zur Verbesserung der Qualitätsregulierung oder zur Vermeidung von Fehlern zu unterbreiten.

Unser bnt attorneys in CEE Büro in Vilnius freut sich, Ihnen alle weiteren Fragen zu beantworten.

Newsletter abonnieren

Wenn Sie den Newsletter abonnieren, stimmen Sie zugleich unseren Datenschutzbedingungen zu.